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Grundlagen

Die Grundidee hinter der Conjoint Analysis ist, dass der vom Kunden subjektiv wahrgenommene Produktnutzen – auch als Produktwert bezeichnet – sich aus der Summe der Teilnutzenwerte der einzelnen Merkmale und Merkmalsausprägungen des Produktes ergibt (beispielsweise Farbe, Geschmack, Verpackung etc.). Das Ziel der Conjoint Analysis ist es, die Beiträge dieser Merkmale und Merkmalsausprägungen zum Gesamtnutzen festzustellen und so beispielsweise das optimale Produkt zu ermitteln oder die Veränderungen am Markt bei Änderungen an bestehenden Produkten zu prognostizieren.

Die Idee, dass sich der Produktnutzen aus den Teilnutzenwerten der Merkmale und Merkmalsausprägungen zusammensetzt, wird auch als linear-additives Teilwertmodell bezeichnet. Liegt ein solches Modell vor, so verlaufen die Präferenzwirkungen der Merkmale nicht in bestimmte Richtungen (wie beispielsweise beim Zuckeranteil in der Limonade, der die geschmackliche Bewertung bis zu einem gewissen Punkt linear steigen lässt), statt dessen sind unterschiedliche Präferenzwirkungen für unterschiedliche Ausprägungen denkbar (wie beispielsweise bei Farbe, Form oder Geschmack eines Lebensmittelprodukts).

Vom Vorliegen eines solchen linear-additiven Teilwertmodells muss für das zu untersuchende Produkt ausgegangen werden können, was längst nicht bei jedem Produkt der Fall ist. So ist das Modell bereits verletzt, wenn die Merkmale ihren Teilnutzen nicht unabhängig voneinander beeinflussen, sondern sich gegenseitig beeinflussen. Auch darf es keinerlei K.O.-Kriterien geben, d.h. alle negativen Merkmalswirkungen müssen auch kompensierbar sein. So darf es beispielsweise bei der Untersuchung eines Schokoladenprodukts nicht vorkommen, dass eine bestimmte Geschmacksrichtung, die einem Verbraucher nicht zusagt, in jedem Fall zum Nichtkauf des Produkts führt – ist dies dennoch der Fall, spricht man von einer Verletzung des kompensatorischen Beurteilungsprozesses.

Neben der Integrität des linear-additiven Teilwertmodells und des kompensatorischen Beurteilungsprozesses sind weitere Voraussetzungen zu betrachten: Verwendete Kombinationen aus Merkmalsausprägungen müssen technisch realisierbar sein, die Anzahl der relevanten Merkmale und Merkmalsausprägungen muss begrenzbar sein und es sollten nur solche Merkmale betrachtet werden, die für die Beurteilung relevant sind.

Verfahrensablauf

Die Conjoint Analysis läuft in sechs wesentlichen Schritten ab. Zunächst einmal ist die Fragestellung festzulegen, wobei qualitative Pretests dazu eingesetzt werden können, relevante Merkmale und Merkmalsausprägungen zu identifizieren und deren Zahl so von vornherein zu beschränken. Anschließend sind die in der Analyse zu verwendenden Merkmale und Merkmalsausprägungen zu beschreiben. Dabei ist auch darauf zu achten, dass alle Kombinationen aus Merkmalsausprägungen technisch und praktisch umsetzbar sind.

Im dritten Schritt ist das Conjoint-Verfahren auszuwählen. Der Marktforscher kann sich hier zwischen verschiedenen traditionellen Verfahren (Full Profile, Trade Off, Logit/Probit) und neuen Verfahren (Hybrid Conjoint Analysis, Adaptive Conjoint Analysis, Choice-Based Conjoint Analysis) entscheiden, wobei nachfolgend nur noch Full Profile, ACA und CBC betrachtet werden. Die Erhebung der Daten erfolgt im nächsten Schritt. Neben der Erhebung im Labor mit Hilfe von Karten, die von den Befragten in eine Präferenzrangfolge gebracht werden müssen, hat sich in den letzten Jahren vor allem die Befragung am Computer in der Praxis durchgesetzt. Der Einsatz von Software zur Befragung bringt eine Menge an Vorteilen mit sich, darunter die Möglichkeit, die Zahl der Vergleiche während des Befragungsverlaufs anhand vorangegangener Antworten einzuschränken.

Liegen die erhobenen Daten vor, lassen sich im vorletzten Schritt der Conjoint Analysis noch die bereits angesprochenen Teilnutzenwerte ermitteln. Dadurch lässt sich unter anderem feststellen, welche Merkmale für den Gesamtnutzen besonders wichtig sind und welche Merkmalsausprägungen bei den Befragten auf besonderen Anklang stoßen. Im finalen Schritt erfolgt die weitere Analyse der erhobenen Daten. Einige der am Markt erhältlichen Conjoint-Softwarepakete (wie Sawtooth SMRT) ermöglichen beispielsweise die Durchführung von Marktsimulationen, basierend auf den Conjoint-Ergebnissen. So kann der Marktforscher, anhand eines aus den Erhebungsdaten berechneten Basecase, feststellen, ob es bei Veränderungen an einem Produkt zu Käuferwanderungen kommt oder wie der Markt auf die Einführung eines neuen Produkts reagieren würde. Insbesondere diese weiterführenden Analysemöglichkeiten haben in den letzten Jahren stark dazu beigetragen, der Conjoint Analysis in der Marktforschungs-Praxis zu einem der meistverwendeten Analyseverfahren überhaupt werden zu lassen.

Verfahrensansätze

Grundsätzlich ist bei der Conjoint Analysis zwischen zwei Verfahrensansätzen zu unterscheiden, und zwar den kompositionellen Verfahren und den dekompositionellen Verfahren. Der in der Fachliteratur ebenfalls auftauchende dritte Verfahrensansatz – die hybriden Verfahren – umfasst Verfahren, die eine Mischung aus den beiden grundsätzlichen Verfahrensansätzen darstellen, wie beispielsweise das CBC.

Im Rahmen eines kompositionellen Conjoint-Verfahrens werden die Teilnutzenwerte der einzelnen Merkmalsausprägungen getrennt berechnet. Auf der Basis dieser Werte wird dann additiv, im oben bereits dargestellten linear-additiven Teilwertmodell, der Gesamtnutzen eines Produktes mit einer bestimmten Kombination aus Merkmalsausprägungen berechnet. Im Rahmen eines dekompositionellen Conjoint-Verfahrens werden den Befragten keine einzelnen Merkmale und Merkmalsausprägungen zur Bewertung vorgelegt. Statt dessen werden ausschließlich ganzheitliche Produktkonzepte präsentiert und deren Gesamtnutzen ermittelt. Auf der Basis dieses Gesamtnutzens wird dann, in einer Umkehrung des ursprünglichen linear-additiven Teilwertmodells versucht, die einzelnen Teilnutzenwerte zu extrahieren.

Full Profile, ACA und CBC

Nachfolgend werden drei der bekannteren Conjoint-Verfahren näher betrachtet: Full Profile, Adaptive Conjoint Analysis und Choice Based Conjoint Analysis.

Der sogenannte Full Profile-Ansatz ist das älteste Conjoint-Verfahren überhaupt. Der Befragte muss dabei ganzheitliche Produktkonzepte in eine Präferenzrangfolge bringen – es handelt sich also um ein dekompositionelles Verfahren. Der Full Profile-Ansatz verlangt, dass sämtliche möglichen Kombination von Merkmalsausprägungen vom Befragten bewertet werden. Aus diesem Grund ist das Full Profile-Verfahren nur durchführbar, wenn die Zahl der Merkmale und Merkmalsausprägungen gering ist – als Richtwert kann von 2-3 Merkmalen mit jeweils 2-3 Ausprägungen ausgegangen werden. Wesentlich mehr Merkmale oder Merkmalsausprägungen führen zu einer für normalkonzentrierte Befragte nicht mehr überblickbaren Vielfalt von zu bewertenden Alternativen. Lässt sich diese Zahl mit Blick auf den zu untersuchenden Fall nicht bis zu besagtem Limit verringern, ist auf ein anderes Conjoint-Verfahren zurückzugreifen, wie beispielsweise auf die Adaptive Conjoint Analysis.

Bei der Adaptive Conjoint Analysis (ACA) handelt es sich um ein computergestütztes Conjoint-Verfahren, welches von der US-amerikanischen Firma Sawtooth entwickelt wurde. Es ist das heute am weitesten verbreitete Conjoint-Verfahren und vereint kompositionelle und dekompositionelle Elemente in sich, ist also den hybriden Conjoint-Verfahren zuzuordnen. Im kompositionellen Teil der ACA selektieren und bewerten die Befragten einzelne Merkmale und auch Merkmalsausprägungen, im dekompositionellen Teil müssen sie sich dann zwischen verschiedenen möglichen Produkten entscheiden, die von der Software anhand der Ergebnisse des kompositionellen Teils designed worden sind. Dies hat den Vorteil, dass nicht mehr alle möglichen Alternativen bewertet werden müssen, weshalb sich mit der ACA auch Studien mit bis zu 30 Merkmalen mit bis zu 9 Ausprägungen durchführen lassen – wesentlich mehr als beim Full Profile-Ansatz verwertbar sind.

Das jüngste aller Conjoint-Verfahren ist das sogenannte Choice Based Conjoint (CBC). Es basiert als einziges Conjoint-Verfahren nicht auf dem weiter oben dargestellten linear-additiven Teilwertmodell und der Befragte wird an keiner Stelle zu Präferenzen, Merkmalsbewertungen oder Kaufwahrscheinlichkeiten befragt. Statt dessen wird er mit einem realistischen Kaufszenario konfrontiert: Aus zwischen 2-8 ganzheitlichen und vollständig beschriebenen Produkten kann eines ausgewählt oder die Entscheidung getroffen werden, keines der Produkte zu kaufen (man spricht hier auch von der sogenannten Non-Option). Die dem Probanden präsentierte Auswahlsituation ist beim CBC daher als wesentlich realistischer zu bewerten als bei jedem anderen Conjoint-Verfahren. Dazu kommt noch, dass CBC das einzige Conjoint-Verfahren ist, bei dem Interaktionseffekte zwischen den einzelnen Merkmalen berücksichtigt und (über das sogenannte Conditional Pricing) auch der Preis als ein an andere Merkmale gekoppeltes Zusatzmerkmal in die Analyse eingebunden werden kann. Nachteilig ist dagegen, dass ähnlich wie beim Full Profile-Ansatz nicht mehr als 12 Kombination bewertet werden können und die einzelnen Teilnutzenwerte nicht mehr separat analysiert werden können, da das Verfahren mit aggregierten Daten arbeitet.

Segmentspezifische Analyse

In der Praxis wird bei der Befragung von potentiellen Kunden aus verschiedenen Bevölkerungs- und Einkommensschichten häufig der Fall auftreten, dass die Gruppe insgesamt hinsichtlich ihrer Präferenzstruktur nicht homogen, sondern heterogen ist. Durch einfache Aggregation der Teilnutzenwerte gehen in einer solchen Situation wertvolle Informationen verloren, da sich starke positive und starke negative Abweichungen ausgleichen – die Streuung der Bewertungen ist also so groß, dass sie das Ergebnis der Conjoint Analysis in Frage stellen. Die Lösung für dieses Problem besteht darin, die Aggregation der Daten stets nur mit Daten aus Gruppen mit relativ homogener Präferenzstruktur durchzuführen. Um dies zu erreichen, sind die Daten so zu segmentieren, dass sich besagte Gruppen ergeben. Dies kann mittels einer a-priori-Segmentierung oder einer a-posteriori-Segmentierung geschehen.

Bei einer a-priori-Segmentierung erfolgt die Einteilung der Gruppen im Vorfeld der eigentlichen Conjoint Analysis auf der Basis demographischer Merkmale (wie beispielsweise Alter, Geschlecht oder Einkommensgruppe). Eine solche Segmentierung ist nur dann sinnvoll, wenn es einen Zusammenhang zwischen den hierfür verwendeten Merkmalen und der untersuchten Präferenzstruktur gibt, da ansonsten das Ziel der homogenen Gruppenbildung verfehlt wird. Die Auswahl der demographischen Merkmale sollte daher unter Hinzuziehung eines Fachexperten erfolgen, wenn eine Entscheidung zugunsten der a-priori-Segmentierung gefällt wurde.

Die a-posteriori-Segmentierung erfolgt dagegen erst nach Abschluss der Conjoint Analysis auf der Basis der gesammelten Testwerturteile. Zusätzlich erhobene demographische Merkmale können dann noch verwendet werden, um die so entstehenden Gruppen zu beschreiben. Die a-posteriori-Segmentierung ist das in der Conjoint Analysis übliche Segmentierungsverfahren. Zur Aufteilung der Gruppen wird in der Regel eine Clusteranalyse verwendet – in diesem Zusammenhang ist oft auch von der sogenannten Benefitsegmentierung die Rede.

Verfahrensprobleme

Im Rahmen der Conjoint Analysis treten insbesondere 3 Verfahrensprobleme auf.

Das erste dieser Probleme ist auch unter der Bezeichnung Level-Effekt bekannt und kann auch im Zusammenhang mit anderen Erhebungsverfahren auftreten. Aufgrund psychologischer Gründe werden Merkmale mit vielen Ausprägungen von manchen Probanden subjektiv als wichtiger empfunden. Dies hat zur Folge, dass die relative Wichtigkeit eines Merkmals und damit dessen Einfluss auf den Gesamtnutzen eines Produkts mit der Anzahl der diesem Merkmal zugeordneten alternativen Merkmalsausprägungen steigt. Als Folge davon werden Merkmale über- und unterbewertet und der Marktforscher erhält ein aussageschwaches Endergebnis. Die einzige Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen, besteht in der Verteilung etwa gleichvieler Merkmalsausprägungen auf die einzelnen Merkmale – eine solche „Gleichverteilung“ ist daher stets anzustreben und im Zweifelsfalle dem Informationsverlust vorzuziehen, der duch das Weglassen von Merkmalsausprägungen entsteht.

Das zweite hier betrachtete Problem wird in der Fachsprache als Positionseffekt bezeichnet. Dieser Effekt, der ebenfalls einen pychologischen Hintergrund hat, bewirkt, dass Merkmale, die bei Vergleichen stets an erster Stelle genannt werden, von manchen Probanden analog zum Level-Effekt als subjektiv bedeutender eingeschätzt werden, was wiederum zur Über- und Unterbewertung von Merkmalen und einem verzerrten Ergebnis führt. Die Lösung dieses Problems besteht in der Randomisierung – also der zufälligen Anordnung der Merkmale – bei solchen Vergleichen durch die verwendete Erhebungssoftware. Durch die Randomisierung wird der Positionseffekt umgangen, allerdings gestalten sich auch die Vergleiche für die Probanden unübersichtlicher und wirken unprofessioneller gestaltet – hier ist also zwischen zwei möglichen negativen Auswirkungen abzuwägen.

Als weiteres Verfahrensproblem der Conjoint Analysis gelten die häufig viel zu subjektiven Beschreibungen. Werden subjektive Beschreibungen (wie beispielsweise „knusprig“) anstelle objektiver Beschreibungen (wie beispielsweise „mit Cornflakes“) eingesetzt, so kann dies die Ergebnisse einer Analyse schwer verfälschen. Grund dafür ist, dass Probanden angesichts subjektiver Beschreibungen ihre eigenen Vorstellungen entwickeln – knusprig mag ja von jedem Befragten für sich anders definiert werden, während jeder unter der Zugabe von Cornflakes wohl in etwa das gleiche verstehen dürfte. Für jede Conjoint Analysis gilt daher, dass die Beschreibungen von Merkmalen und insbesondere Merkmalsausprägungen stets möglichst objektiv gestaltet werden sollen.

Eine Ausnahme bilden besondere Sachverhalte, beispielsweise auf technischer Ebene. So ist die Angabe der Durchschnittstemperatur von Friteusen als rein metrischer Wert eine besonders objektive Darstellung – ein solches Merkmal dürfte aber von den meisten Probanden kaum als bedeutsam wahrgenommen werden und beeinflusst damit die Kaufentscheidung nicht. Die eher subjektive Angabe, ab welcher Durchschnittstemperatur dagegen von einem höheren Krebsrisiko auszugehen ist, und inwiefern eine zur Bewertung anstehende Friteuse diese Temperatur über- oder unterschreitet wird von den Probanden sehr wohl als kaufwirksames Merkmal wahrgenommen werden – in solchen Fällen sind subjektivere Darstellungen zugelassen um das Merkmal für die Probanden verständlich zu gestalten und auch „Nicht-Eingeweihten“ eine Entscheidung zu ermöglichen.

Quellen

C. Reinboth: Multivariate Analyseverfahren in der Marktforschung, LuLu-Verlagsgruppe, Morrisville, 2006.

Fahrmeir, L., Künstler, R., Pigeot, I. & Tutz, G. (1999). Statistik. Der Weg zur Datenanalyse (2. Aufl.). Berlin: Springer.

Götze, W., Deutschmann, C. & Link, H. (2002). Statistik. München: Oldenbourg.

Hair, J.F., Anderson, R.E., Tatham, R.L. & Black, W.C. (1998). Multivariate data analysis (5th ed.). Upper Saddle River, NJ: Prentice Hall.

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